Kommunikation schafft Verbindung
Es ist kein Zufall, dass Kommunikation „Kommune“ im Wortstamm enthält. Kommunikation schafft Kommunion, also Verbindung zwischen Menschen. Ich habe selbst längere Zeit meines Lebens in Kommunen und in Beziehungs-Kommunion verbracht und weiß aus persönlicher Erfahrung, wie viel Frieden durch gute, ehrliche Kommunikation entsteht und auch wie viel Leid eingeladen wird, wenn der eigene Vorteil über den ehrlichen Selbstausdruck gestellt wird. Was gäbe es auch sonst für einen Grund für Zurückhaltung und Lüge, außer dass man sich kurz aus der Beziehung ausklinken will, um heimlich etwas zu machen, was dem anderen zuwider ist?
Kommunikation geschieht immer genau von der Ebene, auf der wir uns gerade befinden. Ein Mensch, der in seinem Herzen ist und die Welt liebt, kann gar nicht anders, als dieses liebevolle Mitgefühl zu kommunizieren, sei es in Worten, Gedanken oder Taten. Ebenso wird ein Mensch, der die Welt als Bereicherungsplatz seines Egos betrachtet, nur Misstrauen, Habgier und Arroganz kommunizieren, egal wie sehr er sich anstrengt, seine innersten Absichten zu verheimlichen und eine schöne Maske nach außen zu tragen.
Die Grundlagen einer gesunden Kommunikation in Paarbeziehungen zu verstehen und anzuwenden, kann einen enormen Unterschied in der Qualität und Tiefe einer Partnerschaft machen. Es geht dabei nicht nur um den Austausch von Informationen, sondern um die Schaffung einer emotionalen Verbindung und eines gegenseitigen Verständnisses. Folgende Aspekte sind besonders wichtig für eine gelingende Kommunikation zwischen Partnern:
Eine offene und ehrliche Kommunikation bildet das Fundament jeder starken Beziehung. Dabei spielt aktives Zuhören eine Schlüsselrolle – es geht darum, dem Partner nicht nur aufmerksam zuzuhören, sondern auch zu versuchen, seine Perspektive wirklich zu verstehen. Empathie, also die Fähigkeit, sich in den anderen hineinzuversetzen, ist hierbei unerlässlich.
Ebenso wichtig ist es, die eigenen Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse offen mitzuteilen, denn nur so kann der Partner darauf eingehen. Ein respektvoller Umgang, selbst in schwierigen Situationen, ist dabei unabdingbar und verhindert, dass Worte verletzend wirken. Neben dem gesprochenen Wort spielt auch die Körpersprache eine bedeutende Rolle in der Kommunikation – oft sagt sie mehr aus als Worte.
Regelmäßige Gespräche, in denen Paare sich über ihre Beziehung, Ziele und Gefühle austauschen, stärken die Verbindung und helfen, Missverständnisse frühzeitig zu klären. Da in jeder Beziehung unterschiedliche Ansichten und Bedürfnisse aufeinandertreffen, ist die Bereitschaft zu Kompromissen ein wichtiger Aspekt gesunder Kommunikation. Nicht zuletzt trägt positive Verstärkung in Form von Lob und Wertschätzung dazu bei, eine Atmosphäre zu schaffen, in der offene und liebevolle Kommunikation gedeihen kann.
Im Folgenden werden wir uns drei spezifische Kommunikationsformen genauer ansehen:
1. Gewaltfreie Kommunikation
Sie hat zum Ziel, das Gegenüber so wenig wie möglich zu verletzen. In dieser Kommunikationsform werden hauptsächlich Ich-Botschaften verwendet und es wird versucht, Formulierungen wie „du sollst…“, „du musst…“ und „du bist…“ wegzulassen. Damit soll verhindert werden, dass man dem anderen ein Gefühl von Schuld und „falsch sein“ vermittelt, sondern bei sich selbst schaut, wo das Problem liegt. Leider funktioniert das nicht immer, denn wenn man auf den anderen total sauer ist, kann man so sanft wie ein Engel reden, es kommt trotzdem nur Wut beim Gegenüber an. Ich habe ein Paar erlebt, das seit Jahren in Gruppenveranstaltungen „Gewaltfreie Kommunikation“ lehrt, aber trotzdem die eigene Paarkommunikation derart vergeigt, dass ein Partner regelmäßig schreiend aus dem Raum lief. Die Worte sind eben zweitrangig, die Energie zählt, die dahinter steht.
2. Radikale Ehrlichkeit
Eine weitere spannende Form der Kommunikation ist radikale Ehrlichkeit. In dieser Kommunikationsform wird alles ausgesprochen, was in einem ist, ohne zu zensieren und ohne sich zu verstellen. Das Problem daran ist, dass radikales Ehrlichsein auch sehr verletzend sein kann, wenn man dem Gegenüber nicht wohlgesonnen ist. Man sollte sich also sehr genau überlegen, ob man seine Beziehung aufs Spiel setzen möchte, nur um dem anderen mal so richtig die Meinung zu sagen. Natürlich ist es auch sehr wichtig, ab und an ganz direkt zu sein, nur sollte man immer dabei schauen, was der eigene Anteil an der Situation ist und nicht das Gegenüber für eigene Unzulänglichkeiten verantwortlich machen. Oft sind es nämlich die alten Verletzungen aus der Kindheit, welche die Wut zum Kochen bringen und nicht die Lappalie im Nebensatz des Gegenübers.
3. Stille Kommunikation
Die natürlichste und weitverbreitetste Kommunikationsform auf dieser Erde ist das Schweigen. Hierbei werden die feinen Sinne geschult, wodurch das Hören telepathisch geschieht und auch die Nachrichten telepathisch oder über Gesten und Ausstrahlung ausgesandt werden. Mit dieser Kommunikationsform fällt Liebe sehr leicht, weil es meist keinen Grund mehr gibt, auf jemand anderen wütend zu sein. Während man schweigt, kann man keine Forderungen stellen und auch nicht enttäuscht sein, wenn diese nicht eingehalten werden. Im Reich der Pflanzen und Tiere ist die „Kommunikation in Stille“ die gängigste Art des Austauschs und wahrscheinlich läuft es genau deshalb dort so reibungslos und ohne große Kriege ab.
Kommunikation ist eine ganz natürliche Gegebenheit und sie findet in jedem Moment statt, ob wir es wollen oder nicht. Allein die Ausstrahlung eines Menschen kommuniziert tausendmal mehr, als er mit Worten von sich erzählen könnte, sofern man dafür empfänglich ist. Das ist auch der Grund, warum man sich innerhalb einer Sekunde in einen anderen Menschen verlieben kann. Über die Ausstrahlung wird die Gesamtheit seines Wesens kommuniziert, Vergangenheit und Zukunft eingeschlossen.
Gute Kommunikation entsteht ganz automatisch durch Liebe und viel Lebenserfahrung. Wenn du eine gereifte Persönlichkeit bist und dein Gegenüber liebst, dann wird deine Kommunikation ganz automatisch nur das Schöne ausdrücken, was du in dir, in den Menschen und in der Welt siehst. Diese Form der Kommunikation kann nicht erzwungen oder vorgetäuscht werden, denn dazu haben wir als Menschen viel zu feine Antennen, welche jedes Wort Lügen strafen, das nicht zur Ausstrahlung des Kommunizierenden passt. Es sei denn, wir denken genauso und wollen die Wahrheit gar nicht hören.
Du kennst bestimmt das Gefühl, dass dir die Worte im Halse stecken bleiben, wenn du einem Menschen begegnest, der eine ganz andere Weltanschauung hat, der dich verurteilt und dich überhaupt nicht verstehen will. In einem solchen Fall brauchst du es überhaupt nicht mit Kommunikation zu versuchen, sondern kannst diesem Menschen einfach alles Gute wünschen und ihn seinen Weg gehen lassen.
Kommunikation macht nur dann Sinn, wenn beide Seiten den Willen für Austausch und Offenheit mitbringen, sich also wirklich auf die Welt des anderen einlassen wollen. Gute Kommunikation braucht beide Seiten: einen Menschen, der in Liebe kommunizieren möchte, und einen Empfänger, welcher diese Kommunikation mit offenem Herzen empfangen will.
Wenn du lernen möchtest, mit deinem Partner liebevoll und gewaltfrei zu kommunizieren, dann musst du nicht unbedingt Kommunikationsmethoden lernen, sondern deine eigenen Blockaden auflösen, die der Liebe zum Partner entgegenstehen und diesen wirklich verstehen wollen. Liebe und Verständnis machen Kommunikation zu einem Kinderspiel, wie du im Spiel von Kindern sehr schön sehen kannst. Kinder können auch jenseits von Sprache sehr gut kommunizieren, weil sie total im Hier und Jetzt sind und sich gegenseitig mit einem offenen Geist und Herzen begegnen. So geschieht gute Kommunikation wie von selbst, weil sie tatsächlich vom inneren Selbst kommt, also von der Liebe und Schönheit, die wir sind.
Direkte Kommunikation – Eine Übung in Ehrlichkeit und Selbsterkenntnis
Diese Übung ist eine Mischung aus Ehrlichkeit und Therapie. Sie besteht aus drei Phasen, die aufeinander aufbauen. Es empfiehlt sich, das Gespräch aufzunehmen, um später damit arbeiten zu können.
Phase 1: Urteile und Vorwürfe aussprechen
In dieser Phase geht es darum, alle Gefühle und Gedanken auszusprechen, die dich in deiner Beziehung belasten. Frage dich:
Was nervt dich an deinem Partner? Macht dich etwas in der Beziehung wütend oder sogar verzweifelt? Willst du etwas, was du nicht bekommst? Fühlst du dich unter Druck gesetzt oder manipuliert? Erinnern dich die negativen Gefühle an eine vergangene Zeit oder Person in deinem Leben?
Setze dich deinem Partner gegenüber und sprich ganz ehrlich aus, was du auf dem Herzen hast. Dein Partner hört dir dabei offen, annehmend und still zu.
Beispiel: „Mich kotzt es an, wenn du ständig alles stehen und liegen lässt. Kannst du nicht einfach aufräumen und abwaschen, wenn du essen gekocht hast? Du bist wie mein Vater, das hat mich schon als Kind immer genervt.“
Dies ist der Moment, alles herauszulassen, was du vielleicht lange unterdrückt hast. Es mag dir zu direkt oder verletzend erscheinen, aber bedenke: Du bist mit deinem Partner enger verbunden, als du dir vorstellen kannst. All die Wut, Angst und Trauer, die du in dir trägst, spürt dein Partner ohnehin. Jetzt hast du die Möglichkeit, verstanden zu werden und in diesem geschützten Rahmen auszusprechen, was du dir bisher nicht getraut hast.
Dein Partner wird dir zuhören und anerkennen, was du sagst, unabhängig davon, ob es gerechtfertigt erscheint oder nicht. Er wird weder weglaufen noch dich verlassen oder in irgendeiner Weise angreifen. Dies ist deine Chance, mit der Vergangenheit aufzuräumen und ganz von vorne zu beginnen.
Phase 2: Dich selbst erkennen?
In dieser Phase geht es um Selbstverantwortung. Dein Partner ist ein Spiegel, der dir deine eigenen Muster zeigt, damit du sie annehmen und transformieren kannst. Nimm die zuvor ausgesprochenen Anschuldigungen wieder auf und suche in deinem eigenen Verhalten nach Entsprechungen. Frage dich:
Wo tue ich das Gleiche, was ich meinem Partner vorwerfe? Mache ich vielleicht in einem anderen Lebensbereich oder mit anderen Menschen genau dasselbe? Gebe ich meinem Partner überhaupt das, was ich von ihm einfordere?
Beispiel: „Ich werfe meinem Partner Unordnung vor. Auf dem Desktop meines Computers bin ich eigentlich auch total unordentlich. Da sieht es halt niemand. Ich habe eigentlich auch nicht immer Lust, gleich aufzuräumen, und mache es gerne Wochen später, wenn es mir zu viel wird. Von meinem Partner erwarte ich sofortige Ordnung. Da gibt es einen inneren Widerspruch, den wir zusammen lösen können.“
Schreibe das ursprüngliche Urteil auf und finde die Entsprechung in deinem eigenen Denken und Verhalten. Notiere möglichst viele Entsprechungen. Gehe dabei alle Lebensbereiche durch und beziehe dich und deinen eigenen Körper mit ein.
Phase 3: Dir selbst und dem Partner vergeben
Nachdem du erkannt hast, dass du all das in dir trägst, was du deinem Partner vorwirfst, hast du die Basis jeglichen Urteils entzogen. Du könntest dich jetzt genauso schuldig fühlen, wie du vorher deinen Partner gemacht hast.
Das ist jedoch nicht die Lösung. Ihr seid beide perfekt und unschuldig, denn die Nichterfüllung menschlicher Bedürfnisse ist kein Verbrechen, auch wenn es sich manchmal so anfühlt. Du kannst dir und deinem Partner jetzt vergeben. Ihr beide habt nichts weiter getan, als euch gegenseitig ein Spiegel zu sein, damit ihr eure eigenen Fehlwahrnehmungen erkennt und heilen könnt.
Nimm die Anschuldigungen aus dem ersten Teil der Übung wieder auf und verbinde sie mit dir selbst. Vergib dir und deinem Partner.
Beispiel: „Ich kann das Chaos, das du in der Wohnung verbreitest, nicht ausstehen, wie mein eigenes geistiges Chaos. Ich erkenne jetzt, dass du nur mein eigenes inneres Chaos deutlich machst, und ich bin dir für die Reflexion dankbar. Ich werde in mir selbst aufräumen und mich wieder lieben und annehmen lernen, so wie ich dich annehme. Lass uns unsere Beziehung nutzen, um uns gegenseitig dabei zu helfen und zu heilen!“
Diese Heilung geschieht durch Bewusstmachung und Vergebung. Die Liebe, die durch das Loslassen von Wut und Verzweiflung entsteht, ist immer wieder erstaunlich. Und dazu ist nur schonungslose Ehrlichkeit und die Bereitschaft zur Selbstreflexion notwendig.